Hüterin einer Sprache am Scheideweg

Mateja | Lehrerin & Qualitätskontrolle

In einem bescheidenen Haus in Slavonski Brod im Osten Kroatiens jongliert Matea abends zwischen Farbeimern und Renovierungsskizzen. Doch hinter dieser Alltagsszene verbirgt sich ein ungewöhnliches Anliegen: die Bewahrung einer Sprache, die laut Forschern in den nächsten 50 Jahren verschwinden könnte. „Als ich von dieser Studie erfuhr, hat sich etwas in mir gewandelt“, sagt sie und rückt ihre Brille zurecht. „Plötzlich begriff ich, dass Kroatisch zu unterrichten weit mehr bedeutet als Grammatik zu vermitteln – es geht um den Erhalt unserer kulturellen Identität.“

Lehrerin Mateja

Von der kindlichen Gewissheit zur Kulturbewahrerin

Während die meisten Zwölfjährigen ihre Traumberufe wöchentlich wechseln, hatte Matea ihre Bestimmung bereits gefunden. „In der siebten Klasse erklärte ich einfach: ‚Ich werde Kroatischlehrerin’“, erzählt sie schmunzelnd. „Alle hielten es für eine Phase, sogar meine Oberschullehrerin zweifelte daran. Aber ich blieb bei meiner Entscheidung.“ Diese frühe Überzeugung wurzelt im Einfluss einer Grundschullehrerin, die ihr zeigte, dass Sprachunterricht mehr umfasst als grammatikalische Regeln – nämlich Einsichten über menschliche Beziehungen.

Lehrerin Mateja

„Ich wusste bereits mit zwölf Jahren, dass ich Lehrerin werden würde. Alle hielten es für einen Scherz, heute lebe ich meinen Traum.“

Aufgewachsen in Slawonien, im Osten Kroatiens, atmete Matea Sprachbegeisterung von klein auf. Ihre jüngere Schwester schlug später denselben Bildungsweg ein – gemeinsam bilden sie, wie Matea scherzhaft bemerkt, „ein Familienunternehmen kroatischer Sprachenthusiasten“. Mit einem Master in kroatischer Sprache und Literatur pendelt sie heute zwischen dem Unterrichten von Grundschülern, der Vorbereitung von Oberschülern auf ihre Abschlussprüfungen und dem Kroatischunterricht für Ausländer bei Let’s Learn Croatian.

Struktur trifft auf Flexibilität: Sprachbarrieren überwinden

In Mateas Unterrichtsphilosophie bildet Struktur das Fundament, während die praktische Anwendung der Sprache ihr Leben einhaucht. „Ich wurde im staatlichen Schulsystem ausgebildet, wo straffe Planung selbstverständlich ist“, erklärt sie. „Ich schätze Disziplin, Ordnung und klare Lernziele für jede Unterrichtsstunde.“ Diesen methodischen Ansatz übernahm sie von ihrer Mentorin, deren präzise Vermittlung von Sprachregeln Mateas berufliche Identität entscheidend prägte.

Der Unterricht mit Nicht-Muttersprachlern hat jedoch ihre Perspektive erweitert. „Als Muttersprachler können wir oft nicht erklären, warum wir etwas auf eine bestimmte Weise ausdrücken – wir antworten bei Nachfragen zu grammatikalischen Entscheidungen schlicht ‚das sagt man eben so’“, gibt sie zu. „Der Unterricht mit Ausländern zwang mich, die Logik hinter unseren Sprachmustern zu erkennen, die ich nie hinterfragt hatte.“

Den entscheidenden Durchbruch erlebte sie, als ihr der grundlegende Unterschied zwischen theoretischem Wissen und echter Kommunikation bewusst wurde. „In herkömmlichen Schulen liegt der Schwerpunkt auf theoretischen Konzepten. Mit unseren Sprachschülern konzentrieren wir uns auf die praktische Anwendung – Fragen stellen, Bedürfnisse ausdrücken, Geschichten erzählen. Ohne aktive Nutzung wird niemand eine Sprache fließend sprechen.“

Lernen durch Leben: Sprache an echte Beziehungen knüpfen

An der Wand in Mateas Unterrichtsraum hängen Postkarten aus ganz Kroatien – visuelle Erinnerungen an die vielfältigen Situationen, in denen ihre Schüler die Sprache anwenden werden. „Meine erste Frage lautet stets: Wie wirst du Kroatisch nutzen? Mit Verwandten in Dubrovnik? Beruflich in Zagreb? Mit einem kroatischen Partner?“ Diese Informationen prägen jeden Aspekt ihres Unterrichts.

„Jeder Schüler braucht etwas anderes. Wenn jemand in eine Person aus Dalmatien verliebt ist, konzentrieren wir uns auf Küstenausdrücke. Wenn jemand Kroatisch für geschäftliche Zwecke benötigt, legen wir Wert auf formelle Kommunikation.“

Für Matea muss Sprachenlernen im tatsächlichen Leben verankert sein. „Hat jemand einen Partner aus Dalmatien, üben wir die dortigen Ausdrücke. Braucht jemand Kroatisch für den Beruf, konzentrieren wir uns auf formelle Kommunikation.“ Diese Personalisierung erstreckt sich auf kulturelle Erlebnisse – Matea informiert regelmäßig über Veranstaltungen in Slavonski Brod, von Weinfesten bis zu Buchpräsentationen und Museumsnächten, und ermutigt ihre Schüler, Kroatisch außerhalb des Klassenzimmers zu erleben.

Wenn Schüler zu Lehrmeistern werden

Unter zahllosen Lehrerfahrungen sticht eine besonders hervor. „Nach nur einem Semester bat mich eine Schülerin, im Unterricht komplett auf Englisch zu verzichten“, erinnert sich Matea, noch immer ungläubig. „Ich war skeptisch – sie kannte nur Grundgrammatik und wenige Vokabeln.“

Die Schülerin schlug vor: „Sag mir fünf Sätze auf Kroatisch, ich versuche sie zu verstehen.“ Anfangs verstand sie nur einzelne Wörter, und sie entwickelten ein Mischsystem aus Englisch und Kroatisch. Innerhalb weniger Monate schrieb die Schülerin E-Mails und Nachrichten vollständig auf Kroatisch. „Nicht fehlerfrei, aber verständlich“, betont Matea. „Das hat meine Lehrmethode grundlegend verändert.“

Diese Erfahrung zeigte ihr, dass manche Lernende besser vorankommen, wenn sie ins kalte Wasser springen, statt behutsam durch strukturierte Lektionen geführt zu werden. „Normalerweise plädiere ich für langsames, schrittweises Vorgehen“, räumt sie ein. „Aber diese Schülerin sagte einfach ‚fang an zu sprechen, den Rest sehen wir dann.‘ Verblüffenderweise begriff sie komplexe Fälle durch direkte Anwendung besser als durch systematische Erklärungen.“

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Eine Mission jenseits der Sprache: Bewahrung kultureller Identität

In ihrer Freizeit taucht Matea in die Kulturszene Slavonski Brods ein – besucht Weinfeste, Literaturveranstaltungen und traditionelle Feiern. Ihr Engagement in der Stadtbibliothek verbindet sie mit einem Netzwerk kultureller Ereignisse, die ihren Unterricht bereichern. „Diese Erlebnisse fließen direkt in meine Stunden ein“, erklärt sie. „Wenn Schüler kroatische Bräuche kennenlernen, während sie die Sprache erlernen, entsteht eine tiefere Verbindung zu beidem.“

Die wissenschaftliche Prognose, dass Kroatisch in fünf Jahrzehnten verschwinden könnte, hat ihren Beruf in eine Berufung verwandelt. „Sprache besteht nicht nur aus Wörtern – sie umfasst Traditionen, Identität, alles, was Kroatien ausmacht“, betont sie leidenschaftlich. „Wenn ich möglichst vielen Menschen Kroatisch beibringe, geben sie es weiter, und die Sprache überlebt.“

„Kroatisch zu lesen und zu sprechen bedeutet nicht nur Kommunikation – es bedeutet, unsere kulturelle Identität zu bewahren.“
Lehrerin Mateja

Mateas kroatischer Lieblingsstar ist keine Sängerin oder Sportlerin, sondern die Schriftstellerin Juliana Matanović, die zeigt, wie Alltagsgespräche das Fundament kroatischer Literatur bilden. „Ausländer sehen uns Kroaten oft stundenlang beim Kaffeetrinken und Plaudern“, lächelt Matea. „Was sie beobachten, ist eigentlich das lebendige Herzstück unserer Literatur – unsere Erzähltradition in Echtzeit.“

Zwischen Hausrenovierung und Unterricht baut Matea Brücken, die Menschen mit der kroatischen Kultur verbinden. „Ich lade jeden ein, mit uns zu lernen, unsere Feste zu erleben und die Schätze unseres Landes zu entdecken, die wir selbst manchmal übersehen“, sagt sie. In ihrem Klassenzimmer repräsentiert jeder neue Schüler nicht nur einen Sprachlernenden, sondern einen weiteren Bewahrer eines kulturellen Erbes, das zwischen Fortbestand und Verschwinden schwebt.



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