Im Grenzdorf verwurzelt
Josipas Geschichte beginnt in Slawonien, im Dorf Davor an der Grenze zu Bosnien und Herzegowina. Für ihr Studium zog sie nach Zagreb, kehrte aber letztlich zu ihren Wurzeln zurück – zurück in eine Gemeinde, die bemerkenswerte Persönlichkeiten wie den Schriftsteller Matija Anton Relković und den Fußballspieler Ivica Olić hervorgebracht hat.
„Junge Menschen kommen wieder nach Davor“, erzählt sie und widerspricht damit dem üblichen Narrativ der Landflucht. „Das Leben in den Großstädten hat seinen Glanz verloren. Wenn Menschen älter werden und an Familiengründung denken, zieht es viele zurück.“ Mit seinen rund 2.000 Einwohnern, lebendigen Sommerfesten und Fischertraditionen an der Save bildet das Dorf eine Gemeinschaft, die gängigen Klischees trotzt.
„Sprache ist wichtig, aber wir verstehen einander auch dann, wenn wir uns nicht perfekt ausdrücken.“
Der Weg zur Sprachlehrerin
Eigentlich hatte Josipa nicht geplant, Lehrerin zu werden. Ihre Faszination für Sprachen führte sie eher zufällig zum Unterrichten. „Als ich mein Studium begann, dachte ich mir schon, dass ich wohl irgendwann unterrichten würde“, sagt sie mit einem Lächeln. „Ein Schritt, den ich nie bereut habe.“
Ihre ersten Erfahrungen als Deutschlehrerin an einer Grundschule waren herausfordernd. „Es war anstrengend“, erinnert sie sich. „Der Unterricht fand nachmittags statt, wenn die Kinder vom regulären Schultag erschöpft waren. Ich kam voller Energie, während sie gerade Sport hinter sich hatten und an alles dachten, nur nicht ans Lernen.“ Diese Feuertaufe lehrte sie Geduld und Anpassungsfähigkeit – Qualitäten, die ihr später noch oft zugutekommen sollten.
Unterricht als gemeinsames Wachstum
Der Wechsel zum Online-Unterricht in Kroatisch eröffnete Josipa neue Perspektiven. Ihre Schüler kamen aus den unterschiedlichsten Ländern – Indien, Russland, Ukraine, Frankreich – was ein vielsprachiges Umfeld schuf, in dem sie sich manchmal selbst dabei ertappte, mitten im Satz die Sprachen zu wechseln. „Ich sagte plötzlich ‚like‘ statt ‚wie‘, wenn ich zwischen Englisch und Deutsch hin und her sprang“, erzählt sie schmunzelnd. „Chaotisch, aber auf eine schöne Art.“
„Das Unterrichten ist nicht nur mein Beruf – ich wachse gemeinsam mit meinen Schülern.“
Was als klassischer Sprachunterricht begann, entwickelte sich zu etwas Tieferem. „Mit Schülern, die ich schon länger unterrichte, werden unsere Stunden zu einer Art Therapie“, erklärt sie. „Die ersten zehn Minuten sprechen wir einfach über das Leben – was gerade passiert, was uns bewegt. Es sind keine bloßen Unterrichtsstunden mehr; es sind Beziehungen.“
Brücken über Sprachgrenzen hinweg
Josipa geht auf jeden Lernenden individuell ein. „Ich muss einschätzen können, was ein Schüler leisten kann, und ihn zum Weitermachen ermutigen“, erklärt sie. „Es erfüllt mich, wenn ich Fortschritte sehe – Stunde für Stunde, Tag für Tag. Dabei versuche ich, den Druck zu nehmen und die Angst vor der fremden Sprache zu nehmen.“
Ihre Methode verknüpft Neues mit bereits Bekanntem. Besonders aufmerksam ist sie für die Dialektvielfalt des Kroatischen, die selbst Muttersprachler verwirren kann. „In unserem kleinen Land gibt es vier Varianten für das einfache Wort ‚was‘ – što, kaj, ča, ca. Selbst manche Kroaten beherrschen nicht alle Feinheiten ihrer Sprache“, meint sie augenzwinkernd. „Warum sollten wir dann von Lernenden Perfektion erwarten?“
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Boxsack und Musik: Ausgleich zum Unterricht
Wenn Josipa nicht gerade ihre Schüler durch die kroatische Grammatik lotst, zieht sie sich in ihre Heimsporthalle zurück – ein Zimmer mit Trainingsgeräten, Gewichten und ihrem Boxsack. „Perfekt gegen Stress“, sagt sie. „Da ich beim Unterrichten viel sitze, hilft mir das körperlich und mental.“
Musik begleitet ihren Alltag – beim Kochen, Putzen, vor und nach der Arbeit. Ihr Geschmack ist breit gefächert: von kroatischen Popbands wie Pips, Chips & Videoclips bis zu den gefühlvollen Balladen des Montenegriners Miladin Šobić. „Ein Lieblingslied habe ich nicht“, gibt sie zu. „Das wechselt wöchentlich – je nach Stimmung.“
Abends entspannt sie bei Serien wie Breaking Bad oder verschiedenen Sitcoms. Diese Mischung aus Bewegung, Musik und Entspannung gibt ihr die Energie und Begeisterung, die sie in jedem Unterricht ausstrahlt.
„Sprache ist Verständigung. Alles andere ist zweitrangig.“

Für Josipa ist Sprachunterricht mehr als das Pauken von Grammatikregeln und Vokabeln. „Das Ziel ist nicht Perfektion“, betont sie. „Es geht darum, sich zu verständigen. Auch mit fehlerhaftem Englisch oder Deutsch können wir verstehen, was gemeint ist.“ Diese Philosophie – Verständigung über reine Korrektheit zu stellen – prägt ihren Unterricht und macht Fehler zu Lernchancen statt zu Hindernissen.
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