Polen, EU und Ukraine im Streit über Getreide-Embargo

Lernnachrichten | 09.12.2025

In dieser Ausgabe von Lernnachrichten Polnisch geht es um den Streit über ukrainische Agrarprodukte, Polens Entscheidung, Beschränkungen beizubehalten, und die Suche der EU nach einem vorsichtigen Kompromiss zwischen unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Zielen.

Polen, EU und Ukraine im Streit über Getreide-Embargo

Die Meldung auf Polnisch

Polska utrzymuje1 embargo2 na zboże i inne produkty3 rolne z Ukrainy. Unia Europejska jest niezadowolona4, ale na razie nie ma kar. Rząd w Warszawie mówi, że chce chronić polskich rolników. Bruksela5 chce pomagać Ukrainie, ale też dbać o rynek UE i szuka kompromisu6.

  1. utrzymywać
    kontynuować jakiś stan lub działanie, nie przerywać czegoś ↩︎
  2. embargo  (n.)
    zakaz przywozu lub wywozu towarów z jakiegoś kraju ↩︎
  3. produkt  (m.)
    rzeczy, które powstają w wyniku produkcji lub wytwarzania ↩︎
  4. niezadowolony
    taki, który nie jest z czegoś zadowolony, nie podoba mu się coś ↩︎
  5. Bruksela  (f.)
    miasto, stolica Belgii; często używane jako skrót na instytucje Unii Europejskiej ↩︎
  6. kompromis  (m.)
    porozumienie, w którym obie strony trochę rezygnują ze swoich żądań, żeby się dogadać ↩︎

Übersetzung

Polen hält das Embargo auf Getreide und andere landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine aufrecht. Die Europäische Union ist darüber unzufrieden, verhängt aber vorerst keine Strafen. Die Regierung in Warschau erklärt, sie wolle die polnischen Bauern schützen. Brüssel möchte der Ukraine helfen, aber auch den EU-Binnenmarkt schützen und sucht nach einem Kompromiss.

Textverständnis

Question 1: Warum sagt die polnische Regierung, dass sie das Embargo auf Getreide und andere Agrarprodukte aus der Ukraine beibehält?

Weil sie angibt, damit die polnischen Bauern schützen zu wollen.

Question 2: Was versucht die Europäische Union in diesem Konflikt ins Gleichgewicht zu bringen?

Sie versucht, der Ukraine zu helfen und gleichzeitig den EU‑Binnenmarkt zu schützen.

Lernwörter

PolnischDeutsch
utrzymywać aufrechterhalten
embargo  (n.)das Embargo
produkt  (m.)das Produkt
niezadowolony unzufrieden
Bruksela  (f.)Brüssel
kompromis  (m.)der Kompromiss

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Die Meldung in voller Länge

Polens fortgesetztes Embargo auf ukrainisches Getreide und andere Agrarprodukte ist zu einem zentralen Konfliktpunkt innerhalb der Europäischen Union geworden – und das, obwohl am 29. Oktober ein neues Handelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine in Kraft getreten ist.

Die Europäische Kommission hatte erwartet, dass das modernisierte Handelsabkommen mit der Ukraine ein schwieriges Kapitel abschließen würde, das mit Russlands Angriffskrieg 2022 begann, als ukrainische Lebensmittelexporte über EU-Staaten umgeleitet wurden. Stattdessen halten drei Mitgliedsländer – Polen, die Slowakei und Ungarn – an einseitigen Importverboten für zahlreiche ukrainische Agrargüter fest. Diese nationalen Maßnahmen stehen im Widerspruch zu einem Grundpfeiler der EU, dem einheitlichen Binnenmarkt, in dem Handelsregeln eigentlich für alle Mitglieder gleich sein sollen.

Sprecher der Kommission betonen, Brüssel sehe keinen Grund für ein Fortbestehen nationaler Embargos. Man warnt, „alle Optionen liegen auf dem Tisch“ – eine Wendung, mit der in der EU‑Sprache auch die Einleitung eines förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Regierungen gemeint ist, die gegen EU‑Recht verstoßen.

Auf dem Papier klingt das nach einer ernsthaften Konfrontation. Würde die Kommission tatsächlich klagen und gäbe der Gerichtshof ihr Recht, könnten die betroffenen Länder am Ende mit finanziellen Sanktionen belegt werden. Theoretisch könnten die Spannungen um Getreideimporte auch andere heikle Dossiers beeinflussen – etwa die Migrationspolitik, Energiefragen oder die Sicherung der Außengrenzen.

Politiker aus dem polnischen Regierungslager zeichnen jedoch ein weniger dramatisches Bild. Regierungsvertreter, die in polnischen Medien zitiert werden, sprechen von einem vertrauten politischen Ritual: Die Kommission muss sichtbar die Einhaltung der Regeln verteidigen, während Warschau seine Landwirte schützt. Nach diesen Stimmen denkt das polnische Landwirtschaftsministerium nicht daran, das Embargo rasch zu beenden – auch nicht unter Druck aus Brüssel.

Quellen in Warschau und Brüssel sprechen eher von einem informellen Einvernehmen als von einem offenen Konflikt. Offiziell betonen EU‑Vertreter, das neue Abkommen schütze die Bauern in der EU und sei strategisch wichtig, um die ukrainische Wirtschaft im Krieg zu stützen. Doch nach konkreten Fristen gefragt, bis wann Polen sein Embargo beenden müsse, heißt es aus Kommissionskreisen, es gebe keinen festen Fahrplan zur Lösung des Streits.

Für Politiker aus der polnischen Regierungskoalition ist dies Ausdruck eines pragmatischen Kompromisses. Die Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk kann das Embargo aufrechterhalten, um den Unmut der polnischen Bauern zu dämpfen, die fürchten, von billigeren ukrainischen Produkten unterboten zu werden. Gleichzeitig kann die Kommission an ihrer grundsätzlichen pro‑ukrainischen Handelspolitik festhalten und eine offene Auseinandersetzung vermeiden, die vor den für 2027 geplanten Parlamentswahlen in Polen euroskeptische Kräfte stärken könnte.

Polen, EU und Ukraine im Streit über Getreide-Embargo
Polen, EU und Ukraine im Streit über Getreide-Embargo

Manche polnische Politiker räumen offen ein, dass das Embargo ebenso sehr politischen und kommunikativen Zwecken dient wie wirtschaftlichen. Es solle den Bauern signalisieren, dass ihre Sorgen ernst genommen werden – in einer Phase, in der EU‑kritische Parteien wie Recht und Gerechtigkeit (PiS) und das rechtsgerichtete Bündnis Konföderation verstärkt um ländliche Wählerschichten werben.

Hinter diesem politischen Theater steckt noch ein weiterer Widerspruch: Während polnische Vertreter öffentlich einzelne Punkte des neuen EU‑Ukraine‑Handelsabkommens kritisieren, haben Regierungsvertreter in Brüssel dem Paket am Ende zugestimmt. Führende Köpfe der Koalition sagen intern, angesichts der Kräfteverhältnisse in der EU und der breiten Solidarität mit Kiew sei der Kompromiss „das Beste, was Polen realistisch herausholen konnte“.

Das aktualisierte Abkommen gewährt der Ukraine keinen völlig freien Zugang für alle Lebensmittelexporte. Vollständig liberalisiert werden nur die sogenannten weniger sensiblen Produkte wie Milch und Molkereierzeugnisse. Für hoch sensible Waren – darunter Weizen, Mais, Eier, Geflügel und Zucker – gelten strenge Obergrenzen für die Einfuhr in die EU. Diese Mengen sollen nach Plänen der Kommission schrittweise steigen, während die Auswirkungen auf die lokalen Märkte genau beobachtet werden.

Im Kern der neuen Regelung steht ein Schutzklausel‑Mechanismus, eine Art Notbremse. Hält ein Mitgliedstaat die Einfuhr eines bestimmten ukrainischen Produkts für marktgefährdend, kann er dies der Kommission formell melden. Nach den neuen Regeln kann die EU dann die Importe genau dieses Produkts vorübergehend für die gesamte Union begrenzen – und muss innerhalb von rund einem Monat reagieren. Aus Sicht der EU‑Behörden soll dieses Instrument ungekoordinierte nationale Alleingänge wie das polnische Embargo überflüssiger machen.

Für die Kommission markiert diese Konstruktion den Beginn einer stabileren Phase in den Handelsbeziehungen zwischen EU und Ukraine. Einheitliche Regeln, flankiert von einer schnell greifenden Sicherheitsklausel, sollen es ermöglichen, zugleich die Interessen der EU‑Landwirte zu schützen und die ukrainischen Exporte zu stützen. Brüssel setzt darauf, dass mit wachsendem Vertrauen in den Mechanismus der Druck auf Regierungen sinkt, zu einseitigen Maßnahmen zu greifen.

Vorerst aber legt sich Polen nicht fest. Das Landwirtschaftsministerium erklärt, oberste Priorität habe die Verteidigung der Interessen der eigenen Bauern; die Gespräche mit der Europäischen Kommission und der ukrainischen Regierung liefen weiter. Agrarminister Stefan Krajewski hat angedeutet, ein Ende des Embargos sei grundsätzlich möglich, spricht jedoch von einem Zeitraum von „Wochen oder Monaten“, nicht von Tagen.

Krajewski verweist darauf, dass der Druck an der polnisch‑ukrainischen Grenze derzeit geringer sei, weil die Schwarzmeerhäfen für ukrainische Ausfuhren zumindest teilweise wieder geöffnet sind. Sollten jedoch erneut große Mengen ukrainischen Getreides nach Polen strömen und die lokalen Preise deutlich drücken, wäre er bereit, Beschränkungen wieder in Kraft zu setzen oder zu verschärfen. Veränderungen müssten sich, so seine Sicht, an der realen Marktlage orientieren – nicht an starren politischen Terminen.

Unterm Strich zeigt der Streit um die Einfuhr von ukrainischem Getreide ein grundsätzliches Dilemma der EU. Die Mitgliedstaaten wollen Solidarität mit der Ukraine zeigen und Lebensmittel für Verbraucher erschwinglich halten, zugleich aber ihre eigenen Landwirte schützen und die Grundprinzipien des EU‑Binnenmarkts respektieren. Polens Kurs macht deutlich, dass jenseits formaler Abkommen vieles von informellen politischen Abwägungen abhängt – und davon, wie gut nationale Regierungen und EU‑Institutionen es schaffen, innenpolitische Empfindlichkeiten in Kriegszeiten zu managen.

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